Die Antwort auf Fragen, die mit „Bin ich eigentlich die einzige Person …“ anfangen, ist grundsätzlich „Nein“.
BDSM - Was ist das überhaupt?
Das Akronym BDSM, eine Sammelbezeichnung für die englischen Begriffe Bondage, Discipline, Dominance and Submission, Sadism and Masochism, ist ein weites Feld mit den unterschiedlichsten einvernehmlichen Spielarten. Insbesondere für Einsteiger*innen kann das auf den ersten Blick verunsichernd wirken. Aber auch Menschen, die sich schon eine Weile in diesem Feld bewegen, lernen immer mal wieder Neues dazu. Deshalb folgen hier grundlegende Informationen darüber, was BDSM überhaupt ist. Auf unserer Website haben wir außerdem eine Übersicht über geläufige Begriffe, über die man im Laufe der Beschäftigung mit BDSM meist zwangsläufig stolpert, zusammengefasst.
Eine Vorliebe zu BDSM ist ein Teil der eigenen Persönlichkeit, der eigenen (sexuellen) Identität und in der Gesellschaft weiter verbreitet, als man auf den ersten Blick vielleicht denken mag. Manche Menschen entdecken bereits während ihrer Kindheit oder Jugend ihre Vorliebe zu BDSM, wieder andere merken erst im Erwachsenenalter, dass ihnen BDSM gefällt.
BDSM zu mögen bedeutet nicht, dass man sich in einen Bereich einsortieren oder gar alle Bereiche „abarbeiten“ muss - vielmehr sind es Möglichkeiten, innerhalb derer man eigene Vorlieben finden kann. BDSM kann eine sexuelle Komponente haben, aber auch völlig ohne diese auskommen. Ebenfalls variiert der Stellenwert, den BDSM im Leben spielt, teilweise stark von Person zu Person. Während manche Menschen BDSM-Praktiken nur hin und wieder ausüben, stellen diese für andere einen wichtigen Teil der eigenen (sexuellen) Identität dar. Das eine ist nicht besser oder schlechter als das andere. Dabei gibt es keine allgemein gültige Definition, wo genau BDSM beginnt - für jede Person enthält es andere Aspekte. Auch gibt es keinen Zwang, irgendetwas machen zu müssen, um als „echte*r“ BDSMler*in zu gelten - die Welt des BDSM ist so vielfältig, wie die Menschen, die es betreiben.
Klare Absprachen
BDSM-Spiele finden immer im Rahmen gemeinsamer Absprachen statt. Insbesondere sollte zuvor über die Wünsche, Tabus und Grenzen aller Beteiligten gesprochen werden, damit von Anfang an klar ist, was passieren kann und nicht passieren darf. Im BDSM wird niemand tatsächlich zu etwas gezwungen, das er*sie nicht möchte - auch ein Rollenspiel mit Betteln und Flehen ist letztlich nur eine abgesprochene Szene in beider- oder mehrseitigem Einverständnis. Um jederzeit sicherzustellen, dass das Spiel einvernehmlich bleibt und keine Handlungen passieren, die eine Person nicht möchte, wird oftmals ein sogenanntes Safeword vereinbart, mit dem das Spiel (die „Session“) jederzeit unmissverständlich abgebrochen werden kann. Das Safeword ist dabei ein spezielles Wort (z.B. „Mayday“), das in einem regulären Spiel nicht fällt, und das daher eindeutig und unmissverständlich für Abbruch steht.
Einen guten Überblick gibt auch der Wikipedia-Artikel zu BDSM.
Top und Bottom (Oben und Unten)
Ein BDSM-Spiel findet in der Regel zwischen einem aktiven und einem passiven Part statt, auch wenn das nicht so sein muss. Der passive Part (auch „Bottom“ genannt) nimmt dabei die Rolle der Person ein, die im vorher festgelegten Rahmen z.B. spielerisch gefesselt, geschlagen oder gedemütigt, aber auch belohnt und liebkost wird. Der Reiz kommt dabei in der Regel von Gefühlen der scheinbaren Hilflosigkeit, des Ausgeliefertseins oder des „Erzogenwerdens“, und der Abgabe von Verantwortung in die Hände des vertrauten Gegenübers. Der passive Part kann das Spiel natürlich jederzeit mit dem Safeword abbrechen, wenn es doch zu viel werden sollte. Auch achtet er auf die Wünsche, aber auch Grenzen der aktiven Person. Abhängig von den persönlichen Vorlieben kann sich der passive Part direkt unterwerfen oder sich spielerisch überwältigen lassen.
Der aktive Part wird „Top“ genannt. Die aktive Person ist diejenige, die die passive Person exemplarisch fesselt, bestraft, schlägt oder spielerisch quält, aber auch belohnt und liebkost. Dabei achtet sie darauf, nur innerhalb der vorher gemeinsam festgelegten Grenzen zu agieren und beachtet sowohl den körperlichen als auch emotionalen Zustand des Gegenübers, aber auch sich selbst. Für den Aktiven kommt die Lust am Spiel in der Regel davon, im abgesteckten Rahmen Macht über den Passiven auszuüben, diesen zu kontrollieren oder gar spielerisch zu erziehen. Auch die aktive Person hat immer die Möglichkeit, das Spiel abzubrechen.
Eine Festlegung auf eine der beiden Rollen ist nicht erforderlich. Während einige nur den aktiven oder passiven Part ausüben, verordnen sich andere in beiden Rollen (auch Switcher*innen genannt). Auch kann sich die eigene Vorliebe für eine bestimmte Rolle im Laufe der Zeit ändern. Im Folgenden werden die häufigsten Spielarten des BDSM näher erläutert.
Bondage (Fesseln)
Mit diesem Wort werden alle Tätigkeiten beschrieben, bei denen eine Person gefesselt oder auf andere Art in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird. Als Mittel zum Zweck dienen oftmals Seile und Handschellen, aber es finden auch Lederriemen, Ketten, Klebeband oder andere geeignete Gegenstände Verwendung. Für die gefesselte Person liegt der Reiz dabei oft in der eigenen scheinbaren Hilflosigkeit und der Vorstellung, dem Gegenüber wehrlos ausgeliefert zu sein. Der aktive, in diesem Falle der fesselnde Part kann sich an den vergeblichen Befreiungsversuchen und der scheinbaren Macht über die gefesselte Person erfreuen. Hierbei achtet die aktive Person besonders auf das physische und psychische Wohlergehen seines Gegenübers, so dass etwa die Seile nicht zu eng angezogen werden, um Abschnürungen oder andere gesundheitliche Risiken zu vermeiden.
Discipline (Disziplin)
Bei dieser Spielart geht es vorrangig um Regeln und Kontrolle (sogenannte „Erziehungsspiele“). Der aktive Part stellt Regeln auf und kontrolliert, dass diese von der anderen Person auch eingehalten werden. Die Regeln können sich dabei auf ganz unterschiedliche Bereiche erstrecken. So können sie beispielsweise ausschließlich im Spiel gültig sein oder aber in einem gewissen Rahmen Einfluss auf das alltägliche Leben haben. Ebenso weitläufig wie die Anwendungsbereiche sind auch die verschiedenen Arten von Regeln, beispielsweise während des Spiels eine bestimmte Anrede (z.B. „Herr“) für den aktiven Part zu nutzen. Eine nicht befolgte Regel kann als Anlass für eine Strafe dienen, eine befolgte Regel auch als Anlass für eine Belohnung. Die zuvor abgesprochenen Grenzen der (Spiel-) Partner*innen werden in jedem Fall beachtet, sowohl bei den Regeln als auch bei etwaigen Strafen. Ein solches Spiel hat nichts mit tatsächlicher Bevormundung zu tun, sondern geschieht in einem gemeinsam abgesprochenen Rahmen, der allen beteiligten Personen Erfüllung bereitet. Selbstverständlich können Regeln auch wieder aufgehoben oder verändert werden, wenn einer der Personen sie als nicht mehr passend empfindet.
Dominance (Dominanz) & Submission (Unterwerfung)
Bei dieser Spielart des BDSM wird ein freiwilliges und kontrolliertes Machtgefälle zwischen den miteinander spielenden Personen erzeugt und aufrecht erhalten. Der submissive Part unterwirft sich dem dominanten Part und gehorcht diesem im Rahmen der vereinbarten Grenzen. Wie weit Unterwerfung und Herrschaft reichen definieren die beteiligten Personen(gruppen) für sich selbst; es gibt große Spannweiten in der Ausprägung. Einige stellen ihrem Gegenüber kleine Aufgaben, andere nehmen ihn beispielsweise an die Leine. Der Reiz ähnelt dem im Bereich „Discipline“ und ist zumeist eng mit diesem verzahnt.
Das Machtgefälle kann sich allgemein auf zeitlich abgegrenzte Spiele (sog. „Sessions“) beschränken oder auch mit in den Alltag übernommen werden. In letztem Fall spricht man von 24/7 - für 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche. Eine mögliche Ausgestaltung ist beispielsweise, dass die aktive Person das Gegenüber jederzeit spielerisch unterwerfen kann. Dies bedeutet natürlich nicht, dass einer der Personen dabei den eigenen regulären Alltag aus den Augen verliert, es geht vielmehr darum, sich durch kleine Gesten und eventuelle Regeln des stetig möglichen Machtgefälles bewusst zu sein. Eine verbreitete Variante ist dabei das dauerhafte Tragen eines Halsbandes durch die passive Person, welches Verbundenheit und die spielerische Hierarchie auch in Abwesenheit der aktiven Person symbolisiert.
Sadism (Sadismus) & Masochism (Masochism)
Obwohl der Begriff S/M oftmals synonym für BDSM als Ganzes verwendet wird, handelt es sich dabei lediglich um einen Teilbereich, der sich im Kern mit dem Zufügen bzw. dem gewollten Erleiden von Schmerzen beschäftigt. Die Praktiken dabei sind vielfältig: vom Schlagen mit der Hand oder diversen Instrumenten bis hin zu Spielen mit heißem Wachs oder auch Dingen wie Kneifen, Zwicken und Kitzeln.
Der aktive Part zieht seinen Lustgewinn dabei entweder aus dem Zufügen von Schmerzen an sich oder aus den körperlichen Reaktionen des Gegenübers. Der passive Part kann sich dabei komplett auf die eigenen Eindrücke und Empfindungen konzentrieren, die dabei auch sexuell erregend sein können.
S/M-Spiele werden oftmals in Kombination mit anderen Praktiken wie beispielsweise Fesselungen oder Machtspielen ausgeübt und dienen dann exemplarisch der Machtdemonstration der aktiven über die passive Person. Die genaue Ausgestaltung eines Spiels ist ebenso individuell wie vielfältig und reicht vom Durchkitzlen des Gegenübers bis zu Hieben auf den Hintern als „Strafe“ für ein bestimmtes Verhalten. Selbstverständlich wird auch hier darauf geachtet, dass die Grenzen aller Beteiligten eingehalten werden und keine bleibenden gesundheitlichen Schäden entstehen.
Alle beschriebenen einzelnen Teilbereiche sind Reinformen, die in der Praxis nur schwer voneinander abgrenzbar sind, da sie nur selten allein ausgeübt werden. Meist wird mit einer Kombination verschiedener Praktiken und Teilbereiche des BDSM gespielt, z.B. Machtspiele oder Schläge verbunden mit Fesseln oder als Teil eines Rollenspiels.